„Lehrling ist jedermann – 
					Geselle wer was kann –
					Meister ist der was ersann!“ 
				
				 Dieser 
					alte Handwerkerspruch ist am schönsten Brunnen Warendorfs zu 
					lesen, der vor dem Gebäude der Kreishandwerkerschaft steht. 
					Klaus Apel aus Trier hat das fast 3,5 m hohe Kunstwerk 
					geschaffen. Die Arbeit der Handwerker wird durch acht 
					plastische Szenen dargestellt mit den dazugehörigen 
					Zunftzeichen.Ein Handwerk erlernt zu haben, Geselle zu sein, 
					sogar den Meisterbrief zu besitzen, das hatte früher einen 
					hohen Stellenwert. Die Handwerker - Bäcker, Metzger, 
					Frisöre, Schreiner, Schneider, Klempner oder Schuster - 
					waren für die Bürger der Stadt sehr wichtig und es gab sie 
					in jedem „A-Lämpken“.
Dieser 
					alte Handwerkerspruch ist am schönsten Brunnen Warendorfs zu 
					lesen, der vor dem Gebäude der Kreishandwerkerschaft steht. 
					Klaus Apel aus Trier hat das fast 3,5 m hohe Kunstwerk 
					geschaffen. Die Arbeit der Handwerker wird durch acht 
					plastische Szenen dargestellt mit den dazugehörigen 
					Zunftzeichen.Ein Handwerk erlernt zu haben, Geselle zu sein, 
					sogar den Meisterbrief zu besitzen, das hatte früher einen 
					hohen Stellenwert. Die Handwerker - Bäcker, Metzger, 
					Frisöre, Schreiner, Schneider, Klempner oder Schuster - 
					waren für die Bürger der Stadt sehr wichtig und es gab sie 
					in jedem „A-Lämpken“.
				
				
					Ich möchte von „unserem Schuster“ erzählen, denn ein guter 
					Schuster war wichtig für eine Familie mit vielen Kindern. 
					Neue Schuhe waren zu Anfang des letzten Jahrhunderts sehr 
					teuer, deshalb brachten wir unsere Schuhe vielmals zum 
					Schuster für neue Absätze, neue Spitzen oder gar neue Sohlen 
					oder für all die vielen kleinen Näharbeiten und 
					Ausbesserungen. Solch eine Reparatur kostete nicht viel 
					Geld, reich konnte der Flickschuster damit nicht 
					werden.Nicht von ungefähr gab es das alte Kinderlied:
				
				„Im Keller ist es duster,
				da wohnt ein armer Schuster…“
				
				 Vier 
				Schuster arbeiteten in unserer Nähe. Wir gingen zu Schuster 
				Niemann. Er wohnte und arbeitete an der Neuen Kirche, direkt 
				neben dem Bauernhof Kalthoff. Von unserer Wohnung in der 
				Münsterwallschule aus waren es nur ein Paar Schritte zu seiner 
				Werkstatt - nur bei Kalthoffs um die Ecke. Mit seiner Frau 
				wohnte der Schuster in einem kleinen Haus, das gerade so breit 
				war, dass es neben dem Hauseingang je ein Fenster gab.
Vier 
				Schuster arbeiteten in unserer Nähe. Wir gingen zu Schuster 
				Niemann. Er wohnte und arbeitete an der Neuen Kirche, direkt 
				neben dem Bauernhof Kalthoff. Von unserer Wohnung in der 
				Münsterwallschule aus waren es nur ein Paar Schritte zu seiner 
				Werkstatt - nur bei Kalthoffs um die Ecke. Mit seiner Frau 
				wohnte der Schuster in einem kleinen Haus, das gerade so breit 
				war, dass es neben dem Hauseingang je ein Fenster gab.  
				Niemanns hatten keine Kinder. Sie waren für mich der Inbegriff 
				eines ganz alten Ehepaares. Am Feierabend spazierte Schuster 
				Niemann vor seinem Haus auf und ab, eine lange Pfeife rauchend. 
				Zur Werkstatt musste man durch eine schmale Gasse in den kleinen 
				Innenhof gehen. Über eine halbrunde, steile Treppe in der 
				Waschküche erreichte man die Werkstatt im ersten Stock. 
				
				Am 
				Fenster stand die Arbeitsbank. Wie früher üblich, hatte Schuster 
				Niemann eine mit Wasser gefüllte Glaskugel über seinem 
				Arbeitsplatz hängen. Das Licht brach sich in der Kugel und bot 
				eine zusätzliche Lichtquelle. Der Arbeitstisch war voll mit 
				Handwerkszeug, Klebstoff, vielen kleinen Nägeln und 
				Holzpinnchen. Rundherum standen die alten, reparaturbedürftigen 
				Schuhe. Hier arbeitete er Tag für Tag, um aus kaputten Schuhen 
				wieder brauchbare zu machen. 
				Eines Tages kam die jung verheiratete Frau Kiskemper vom 
				Münstertor zu ihm. Sie kam aus Ibbenbüren. Die zeigte ihm ihre 
				kaputten Schuhe. Schuster Niemann missfielen diese alten Schuhe 
				und er warf sie im hohen Bogen auf seinen Schuhberg in der Ecke. 
				Die junge Frau fürchtete, ihre geliebten Schuhe nie wieder zu 
				sehen, schnappte sich ihre Schuhe und verließ die Werkstatt. Am 
				nächsten Sonntag nach der Kirche hielt Schuster Niemann den 
				frischen Ehemann Kiskemper an und sagte: „Do häse die aver wat 
				weit weg halt. So was haste in Wandurp auk al funnen!“ ( „Da 
				hast du dir aber was von weit weg geholt. So was hättest du in 
				Warendorf auch gefunden!“) Er nahm kein Blatt vor den Mund!
				
				Schuster Niemann war klein und dünn und blickte immer finster 
				drein. Wir Kinder fürchteten den alten, schimpfenden Mann sehr. 
				Er ließ sich leicht ärgern – vielleicht gerade deshalb schlichen 
				wir uns gern in seine Werkstatt. Wenn er uns bemerkt, wurde er 
				böse und warf einen alten Schuh hinter uns her. Wir flohen die 
				Treppe herunter, und sangen im Hof das Spottlied:
				“Schuster lapp lapp,
				für nen Penning Pappapp,
				für nen Penning Papier,
				Schuster is nen dumm Dier."
				So brachten wir Kinder früher Spannung in unser Leben.
				Durch die Haustür an der Straße kam man in die Küche und dann in 
				einen ganz kleinen Laden, vielleicht 1,5 Meter lang. Hier konnte 
				man Pantoffeln, Arbeitsschuhe und Holzschuhe kaufen, die auf 
				Holzständern paarweise aufgehängt waren. 
				In einer Ecke stand ein runder Tontopf mit Deckel, der 
				Kautabak-Topf. Ein Priem - das war eine etwa vier Zentimeter 
				lange Rolle aus Kautabak – wurde gern von alten Männern gekauft 
				und dann „gepriemt“, d.h. gekaut. 
				Als wir einmal dabei standen, als Schuster Niemann Kautabak 
				verkaufte, zeigte er seine humorvolle Seite. Er nahm mit der 
				Zange einen Priem aus der Dose und bot ihn uns mit den Worten 
				an: „Wollt ihr mal eine Pflaume ohne Stein?“ Zum Glück wussten 
				wir, was Kautabak war und rannten kichernd davon. 
				
				Frau Niemann war eine kleine, kümmerliche Frau, immer in Schwarz 
				gekleidet. Sie war im Gegensatz zu ihrem Mann freundlich und 
				kinderlieb. Wir bekamen manche saftige Birne vom Speckbirnbaum 
				in ihrem Hof. Neben ihrem Haushalt betreute sie die Lehrerin 
				Fräulein Schmitz, die in der Schule wohnte. Auf einem Tablett 
				brachte sie morgens vor Schulbeginn das Frühstück über die 
				Straße in die erste Etage der Münsterwallschule. So konnte sie 
				sich ein paar Pfennige dazu verdienen. Frau Niemann hatte ihre 
				ganz eigene Vorstellung von Sauberkeit. Das Haar hatte sie zu 
				einem kleinen Knoten glatt und fettig nach hinten gekämmt, in 
				der Mitte gescheitelt, das war das „Pättken“. Auf unsere Frage, 
				wie oft sie sich das Haar wasche, antwortete sie: „ Ik mi dat 
				Haar waschken, nee, dat do ik mei Lievedag nich. Ik waschke mi 
				das Pättken, dann sin ik fertig.“ ( Ich mir das Haar waschen, 
				das tue ich mein Lebtag nicht, ich wasche mir das „Pättken“, 
				dann bin ich fertig.) So hat sie sich wohl gefühlt. 
				
				
				Im Hause Niemann ging es oft turbulent zu. Schuster Niemann war 
				ein Bollerkopp, sogar ein Wüterich, manches Porzellan ging in 
				Scherben. Wenn es ganz toll kam, hatte er nämlich den Drang, 
				Geschirr an die Wand zu werfen. Seine Frau kannte das, kletterte 
				behende an das obere Fach des Küchenschrankes, wo sie das alte, 
				angeschlagene Geschirr aufbewahrte, reichte es ihrem Mann und 
				sagte: „Bitte schön, Herr Niemann, darf´s noch mehr sein?“ Dann 
				beruhigte er sich, und der häusliche Frieden kehrte wieder ein!
						
						Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke wurde 
						1912 in Warendorf geboren und wuchs in einer 
						Lehrerfamilie mit vier Geschwistern auf. Im Alter von 90 
						Jahren begann sie, Erinnerungen aus ihrem Leben im 
						Warendorf der 1920er Jahre aufzuschreiben. Sie starb 
						2016 im Alter von 103 Jahren.
						Bilder: Archiv der Altstadtfreunde
						alle Rechte vorbehalten: Eugenie Haunhorst 2006