 Wie 
				stolz waren wir, als wir vor 50 Jahren unseren ersten 
				Kühlschrank bekamen. Erfindergeist und die Elektrifizierung 
				hatten den Schritt vom Eisschrank zum Kühlschrank gemacht. Der 
				Eisschrank war etwa ab 1900 eine nützliche Einrichtung für 
				Hotels und Großbetriebe.
Wie 
				stolz waren wir, als wir vor 50 Jahren unseren ersten 
				Kühlschrank bekamen. Erfindergeist und die Elektrifizierung 
				hatten den Schritt vom Eisschrank zum Kühlschrank gemacht. Der 
				Eisschrank war etwa ab 1900 eine nützliche Einrichtung für 
				Hotels und Großbetriebe. 
				Diese 
				Kühlmöglichkeit wurde durch Eis, natürliches und später 
				künstliches, möglich gemacht. Auch in einigen Privathaushalten 
				gab es diese recht unförmigen Eisschränke, die sehr teuer waren. 
				Der Nutzraum war klein, denn dieser Schrank wurde mit Eis 
				gefüllt. 
				
				Aber woher kam das Eis? In Warendorf war das Wasser der Ems hier 
				sehr nützlich. Ich gehe mit meiner Erzählung zurück in die 
				20er-Jahre. Die Winter waren damals sehr kalt, 20 Grad unter 0 
				waren damals keine Seltenheit. Die Ems war wochenlang 
				zugefroren. 1927 und 1928 konnten wir über drei Wochen lang auf 
				der zugefrorenen Ems Schlittschuh laufen. Natürlich oberhalb des 
				Wehres, also liefen wir von der Emsbrücke bis zur Herrlichkeit 
				oder bis zu Bauer Sechelmann in Vohren. Unterhalb der Stadt gab 
				es den Emskamp, einen toten Emsarm am Münstertor, am Ende der 
				Fischerstraße gelegen. Ein etwa drei Meter breiter Uferweg 
				trennte diesen alten Emsarm von der nördlich vorbeifließenden 
				Ems. 
				
				 Bei 
				jedem Hochwasser füllte sich der Emskamp bis zum Rand mit Wasser 
				aus der Ems. Auf diesem stehenden Gewässer bildete sich bei 
				Frost eine dicke Eisdecke..
Bei 
				jedem Hochwasser füllte sich der Emskamp bis zum Rand mit Wasser 
				aus der Ems. Auf diesem stehenden Gewässer bildete sich bei 
				Frost eine dicke Eisdecke..
				Der Eiskellerbesitzer Ahlke heuerte Kötter und Landwirte an, die 
				sogenannten Eisbauern, die in mühevoller Arbeit dieses Eis in 
				seinen Eiskeller brachten. Die starken Männer sägten oder 
				sprengten Löcher in die Eisdecke und zogen mit Eisharken die 
				großen Eisstücke heraus und brachten sie oft mit schwerem Gerät 
				an Land.
				
				Große Kastenwagen wurden mit dem Eis beladen. Zwei dicke, 
				schwere Belgier Pferde mussten harte Arbeit leisten, wenn sie 
				den Wagen die hartgefrorene Böschung am Emskamp hochzogen. Mit 
				anspornenden Zurufen und Peitschengeknall ratterte das 
				Pferdefuhrwerk dann über die Brinkstraße, den Wilhelmsplatz, 
				durchs Münstertor, über den Münsterwall, um die Neue Kirche 
				herum und durch die Hohe Straße zu Ahlkes Eiskeller an der 
				Kolkstiege. Diese mit Eis beladenen Wagen donnerten mehrmals am 
				Tage über das gefrorene Steinpflaster an unserem Haus vorbei und 
				erregten immer wieder das Interesse von uns Kindern. Wir liefen 
				hinter dem Wagen her bis zum Emskolk und beobachteten voller 
				Spannung, wie das Eis durch Fensterlöcher über Holzrutschen in 
				die Tiefe des Kellers befördert wurde. Setzte Tauwetter ein, 
				wurden die Fenster des Eiskellers schnell zugemauert.
				
				
				Dieser Eiskeller war so kalt, dass die Eisblöcke bis zum 
				nächsten Winter gefroren blieben.
				Bis heute ist der fensterlose Bau des Eiskellers an der 
				Kolkstiege zu sehen. Besonders im Sommerhalbjahr brachte die 
				Nutzung des Eises Arbeit und Verdienst. Im Innenhof der Firma 
				Ahlke an der Lüningerstraße wurde die schwere Eisentür zum 
				Eiskeller geöffnet und das Eis nach Bedarf herausgeholt. 
				
				Eisschränke mussten regelmäßig mit neuem Eis befüllt werden. Die 
				Versorgung klappte auf Bestellung. Ein starker Mann brachte den 
				dicken Eisblock ins Haus. Als Schutz gegen die Kälte und das 
				Tropfwasser hatte er über der linken Schulter einen Lederschurz. 
				Darauf legte er das großes Stück Eis, später eine Eisstange, 
				etwa 40-50 cm lang und 15 cm im Durchmesser. Sie wog bis zu 45 
				kg und wurde mit 2 Eisenharken hochgehievt.Hauptabnehmer waren 
				Restaurants, Hotels und Fleischereien, aber auch Apotheken und 
				Krankenhäuser. Lebensmittelvorräte und Medikamente hatten durch 
				die Kühlung eine wesentlich längere Haltbarkeit. Getränke, vor 
				allem das Bier, wurden schon damals gern gekühlt getrunken.
				
				Diese so genannten Eiskisten baute jeder Betrieb nach Bedarf. 
				Gut isoliert und immer mit Eis gefüllt waren sie die Vorstufen 
				für die Kühlschränke. Diese Art der Kühlung war mit viel Arbeit 
				verbunden, aber man war froh, eine Kühlmöglichkeit zu haben. 
				Erst durch die Elektrifizierung im ganzen Land entwickelte die 
				Industrie ein breites Angebot an Kühlschränken, Kühltruhen und 
				großen Kühleinrichtungen.Man macht sich heute keinen Begriff 
				mehr von der Mühe, die es noch vor 50 Jahren kostete, die 
				täglichen Lebensmittel kühl und haltbar zu machen. Im Sommer 
				gehörte es zu den täglichen Notwendigkeiten, nach jeder Mahlzeit 
				die Lebensmittel in den Keller zu tragen. Im Winter stellte man 
				sie draußen auf die Fensterbank.
				 
								Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke 
								wurde 1912 in Warendorf geboren und wuchs in 
								einer Lehrerfamilie mit vier Geschwistern auf. 
								Im Alter von 90 Jahren begann sie, Erinnerungen 
								aus ihrem Leben im Warendorf der 1920er Jahre 
								aufzuschreiben. Sie starb 2016 im Alter von 103 
								Jahren.
								
								Bild: Archiv der Altstadtfreunde Warendorf
								alle Rechte vorbehalten: Eugenie Haunhorst 2006