 Fettmarkt, 
								das war ein Höhepunkt in unserem Kinderleben. 
								Ich bin am Münsterwall aufgewachsen und erlebte 
								den Trubel aus nächster Nähe. Auf dem 
								Wilhelmsplatz fanden der Viehmarkt und die 
								Kirmes statt, die
Fettmarkt, 
								das war ein Höhepunkt in unserem Kinderleben. 
								Ich bin am Münsterwall aufgewachsen und erlebte 
								den Trubel aus nächster Nähe. Auf dem 
								Wilhelmsplatz fanden der Viehmarkt und die 
								Kirmes statt, die 
					 Münsterstraße war auf beiden Seiten mit den 
								Ständen der Händler belegt und auf dem 
								Marktplatz boten die Bauern Kartoffeln, Kappes 
								und vieles mehr an. Direkt vor unserem Haus 
								baute der Lebkuchenbäcker Dammann aus 
								Harsewinkel seine große Bude auf. Er bekam von 
								uns Strom für die Beleuchtung des Standes. Dafür 
								gab es für uns Kinder am Abend eine große Tüte 
								Pfeffernüsse, die Spezialität des Hauses.
  							  Münsterstraße war auf beiden Seiten mit den 
								Ständen der Händler belegt und auf dem 
								Marktplatz boten die Bauern Kartoffeln, Kappes 
								und vieles mehr an. Direkt vor unserem Haus 
								baute der Lebkuchenbäcker Dammann aus 
								Harsewinkel seine große Bude auf. Er bekam von 
								uns Strom für die Beleuchtung des Standes. Dafür 
								gab es für uns Kinder am Abend eine große Tüte 
								Pfeffernüsse, die Spezialität des Hauses.
				
				
								  Ich 
								erinnere mich noch heute an den köstlichen 
								heißen Berliner, den Frau Werner meiner 
								Schwester Maria und mir einmal schenkte. Sie 
								hatte vor ihrem Haus an der Münsterstraße einen 
								Stand aufgebaut und verkaufte Berliner für ihren 
								Sohn, der eine Bäckerei in der Brünebrede hatte. 
								Manchmal verkaufte der Sohn auch selber.Der 
								Böttcher und Küfer Berger von der Molkenstraße 
								bot seine Holzerzeugnisse an: Holzfässer für 
								Sauerkraut, Butterfässer, Waschfässer und Wannen 
								jeder Größe und alle Holzgeräte für Haus und 
								Hof. Daneben stand in jedem Jahr der Wagenbauer 
								Schwarte von der Brünebrede. Hier suchte man 
								sich die neue Kutsche, den zweirädrigen Gig oder 
								den neuen Bollerwagen aus.
Ich 
								erinnere mich noch heute an den köstlichen 
								heißen Berliner, den Frau Werner meiner 
								Schwester Maria und mir einmal schenkte. Sie 
								hatte vor ihrem Haus an der Münsterstraße einen 
								Stand aufgebaut und verkaufte Berliner für ihren 
								Sohn, der eine Bäckerei in der Brünebrede hatte. 
								Manchmal verkaufte der Sohn auch selber.Der 
								Böttcher und Küfer Berger von der Molkenstraße 
								bot seine Holzerzeugnisse an: Holzfässer für 
								Sauerkraut, Butterfässer, Waschfässer und Wannen 
								jeder Größe und alle Holzgeräte für Haus und 
								Hof. Daneben stand in jedem Jahr der Wagenbauer 
								Schwarte von der Brünebrede. Hier suchte man 
								sich die neue Kutsche, den zweirädrigen Gig oder 
								den neuen Bollerwagen aus. 
 
				
				
								Das alles registrierten wir nur im Vorbeigehen. 
								Unser wichtigstes Ziel war die Kirmes. Von 
								unseren Eltern hatten wir 50 Pfennig Kirmesgeld 
								bekommen und unser Besuch bei Onkel Bernhard 
								hatte uns noch einmal 50 Pfennig eingebracht. 
								Eine ganze Mark – jetzt träumten wir von 10 mal 
								Kettenkarussell fahren. Zuerst kamen wir an dem 
								herrlich bunt bemalten Kinderkarussell vorbei, 
								die kleinen Sitzbänkchen waren mit vielen 
								Spiegeln zauberhaft verziert. Auf den 
								Holzpferdchen ritten stolz die Kleinen ihre 
								Runden. Opa fuhr zur Sicherheit mit und stützte 
								den Rücken. 
								Schwerarbeit musste das Pferd leisten, das 
				
				 den ganzen Tag um die Mittelachse des 
								Kinderkarussells trottete und es so zum Drehen 
								brachte. Nur beim Ein- und Aussteigen der 
								kleinen Gäste hatte das Tier eine kurze 
								Verschnaufpause. Erst Ende der Zwanziger Jahre 
								gab es elektrischen Antrieb für die Karussells.
								den ganzen Tag um die Mittelachse des 
								Kinderkarussells trottete und es so zum Drehen 
								brachte. Nur beim Ein- und Aussteigen der 
								kleinen Gäste hatte das Tier eine kurze 
								Verschnaufpause. Erst Ende der Zwanziger Jahre 
								gab es elektrischen Antrieb für die Karussells.
				
								Unser erstes Ziel war die „Kaffeemühle“. In 
								einer Trommel, etwa einen halben Meter hoch, 
								saßen zwei Kinder auf dem Rand und drehten im 
								Uhrzeigersinn das kleine Rad in der Mitte. Die 
								Trommel drehte sich in Gegenrichtung. Mit dem 
								Rad konnte man das Tempo bestimmen. Je 
								schneller, um so schöner! Später gab es den 
								„Teller“ auch die „Scheibe“ genannt. Das war ein 
								besonderes Gaudi und für junge Leute eine Art 
								Sport. In einem großen Zelt stand eine drehbare 
								Scheibe mit einem Durchmesser von 7-8 Metern. 
								Die Mitte war etwas erhöht. Rund um die Scheibe 
								herum war ein gepolsterter, ca. 50 cm hoher Rand 
								angebracht. Beim Startpfiff kletterten die 
								Jugendlichen über diesen Rand und suchten sich 
								einen Platz möglichst weit in der Mitte. Unter 
								lauter Musikbegleitung begann sich die Scheibe 
								zu drehen. Erst langsam, dann immer schneller. 
								Die außen Sitzenden wurden schnell an den Rand 
								geschleudert. Das Gejuchze wurde immer lauter, 
								die Platte drehte sich schneller und leerte sich 
								schneller. Erst wenn der Letzte aufgeben musste, 
								war das Spiel zu Ende und der Sieger wurde 
								lautstark gefeiert. Eine spannende Attraktion!
				
								Dann gingen wir zur Schiffschaukel ! Am 
								schnellsten brachte man die Schaukel zu Zweit in 
								Schwung. Wir schaukelten so lange, bis sie fast 
								waagerecht stand. Unsere Mutter sagte uns immer, 
								das sei ein Sport für Jungen! Ich glaube, sie 
								wollte nicht gern, dass unsere Röcke so flogen. 
								Hosen gab es damals für Mädchen noch gar nicht.
				
								Und dann der Höhepunkt: Das Kettenkarussell! Wie 
								herrlich war es, fest in dem Kettensitz sitzend, 
								durch die Luft zu fliegen. Wir überblickten den 
								Kirmesplatz, konnten unser Haus und die 
								Marienkirche sehen - uns lag ganz Warendorf zu 
								Füßen. Darauf hatten wir uns so lange gefreut 
								und zahlten gern noch einmal 10 Pfennig für 
								dieses Vergnügen.
				
				 Eine unserer Freundinnen sagte einmal: „Ach wäre 
								ich doch ein Kettenkarussellkind, dann könnte 
								ich immerzu mit dem Kettenkarussell durch die 
								Luft fliegen.“ In der Schule hielt sie dann 
								Ausschau nach den „Kirmeskindern“, die während 
								ihres Aufenthaltes in Warendorf unsere Schule 
								besuchten. Vielleicht war ja ein 
								Kettenkarussellkind dabei!
 
								Eine unserer Freundinnen sagte einmal: „Ach wäre 
								ich doch ein Kettenkarussellkind, dann könnte 
								ich immerzu mit dem Kettenkarussell durch die 
								Luft fliegen.“ In der Schule hielt sie dann 
								Ausschau nach den „Kirmeskindern“, die während 
								ihres Aufenthaltes in Warendorf unsere Schule 
								besuchten. Vielleicht war ja ein 
								Kettenkarussellkind dabei!
				
				
								Schade, bald war unser Kirmesgeld zu Ende. Also 
								gingen wir auf den eigentlichen „Fettmarkt“. 
								Hier verkauften die Bauern ihre fetten Tiere. In 
								Gehegen und Käfigen sahen wir eine reiche 
								Auswahl von Schweinen, Schafen, Hühnern und 
								Kaninchen. An Eisenstangen waren Pferde, Kühe, 
								Kälber und Ziegen angebunden. Es wurde gehandelt 
								und gefeilscht und jeder Kauf mit einem Schnaps 
								begossen. Zur Stärkung gab es zwischendurch eine 
								deftige Portion Töttchen mit einem Brötchen. 
								Mutter Hagemeyer hatte vor der Metzgerei am 
								Wilhelmsplatz einen Töttchen- und 
								Knackwurststand aufgebaut. 
 
				
								Für den Erlös des verkauften Viehs deckten sich 
								die Bauern sofort mit dem notwendigen Bedarf an 
								Hausrat und Winterbekleidung ein. Im Textilhaus 
								Hunkemöller an der Oststraße konnte man solide 
								Wintersachen für die ganze Familie und auch 
								Betten in guter Qualität einkaufen. Besonders 
								beliebt war die warme Bleyle-Unterwäsche in 
								unverwüstlicher Qualität. Kleine Jungen 
								verteilten überall in der Stadt Reklamezettel 
								und machten darauf aufmerksam, dass von der 
								Stadtmitte aus kostenlose Kutschfahrten zu 
								Hunkemöller am Osttor angeboten wurden.
				
								Wir schoben uns mit viel Vergnügen und Drängeln 
								– das machte uns besonders viel Spaß - durch die 
								Menge auf der Münsterstraße. An der Ecke vor 
								Breuers Haus stand viele Jahre lang eine ältere, 
								wohlbeleibte Frau mit ihrer Drehorgel unter 
								einem Sonnenschirm. Sie sang mit kräftiger 
								Stimme moderne Schlager und altbekannte 
								Moritaten. Für 10 Pfennig verkaufte sie den Text 
								ihrer Lieder, damit die begeisterten Zuhörer 
								mitsingen konnten, was wir auch kräftig taten. 
								Daneben stand ein Entfesselungskünstler mit 
								seinem Eisenkäfig, in dem er sich anketten und 
								einsperren ließ. Zum Erstaunen der Zuschauer 
								konnte er sich jedes Mal wieder befreien.  
								Zu dieser Gruppe gehörten auch zwei Ringer, die 
								ihre Kräfte zeigten. An vielen Ständen in der 
								Münsterstraße blieben wir stehen, um die 
								lustigen Anpreisungen der Marktschreier hören.
				
				
				 Unsere letzte Station war der Marktplatz. Hier 
								trafen wir unsere Mutter, die gerade bei ihrem 
								Kartoffelbauern 20 Zentner Kartoffeln für den 
								Winter bestellte. Ihren Bollerwagen hatte sie 
								schon hoch beladen mit Kappes-Köppen, die sie 
								von dem großen Wagen vor der Apotheke gekauft 
								hatte. Nun wussten wir: In den nächsten Tagen 
								beginnt die Sauerkrautproduktion. Die Tontöpfe 
								standen schon frisch gereinigt bereit, die 
								kleinen Leinentüchlein waren fertig 
								zugeschnitten. Für zwei Stunden mieteten wir 
								dann bei Borgmann in der Königstraße die 
								Sauerkrautschabe. Alle Kinder mussten beim 
								Hobeln helfen und beim Stampfen des Krautes im 
								Tontopf. „Es muss sich so viel Krautsaft bilden, 
								dass die obere Schicht Kraut im eigenen Saft 
								steht,“ schärfte uns unsere Mutter ein. War das 
								geschafft, deckten wir alles mit dem 
								Leinentüchlein ab und beschwerten die Krautmasse 
								mit einem blitzblanken Marmorstein. Nach drei 
								Wochen konnten wir das erste Sauerkraut essen.
 
								Unsere letzte Station war der Marktplatz. Hier 
								trafen wir unsere Mutter, die gerade bei ihrem 
								Kartoffelbauern 20 Zentner Kartoffeln für den 
								Winter bestellte. Ihren Bollerwagen hatte sie 
								schon hoch beladen mit Kappes-Köppen, die sie 
								von dem großen Wagen vor der Apotheke gekauft 
								hatte. Nun wussten wir: In den nächsten Tagen 
								beginnt die Sauerkrautproduktion. Die Tontöpfe 
								standen schon frisch gereinigt bereit, die 
								kleinen Leinentüchlein waren fertig 
								zugeschnitten. Für zwei Stunden mieteten wir 
								dann bei Borgmann in der Königstraße die 
								Sauerkrautschabe. Alle Kinder mussten beim 
								Hobeln helfen und beim Stampfen des Krautes im 
								Tontopf. „Es muss sich so viel Krautsaft bilden, 
								dass die obere Schicht Kraut im eigenen Saft 
								steht,“ schärfte uns unsere Mutter ein. War das 
								geschafft, deckten wir alles mit dem 
								Leinentüchlein ab und beschwerten die Krautmasse 
								mit einem blitzblanken Marmorstein. Nach drei 
								Wochen konnten wir das erste Sauerkraut essen. 
								Das waren bei uns die Nachwirkungen vom 
								Fettmarkt.
				
								Bilder: Archiv der Altstadtfreunde Warendorf und 
								Archiv Haunhorst
 
								Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke 
								wurde 1912 in Warendorf geboren und wuchs in 
								einer Lehrerfamilie mit vier Geschwistern auf. 
								Im Alter von 90 Jahren begann sie, Erinnerungen 
								aus ihrem Leben im Warendorf der 1920er Jahre 
								aufzuschreiben. Sie starb 2016 im Alter von 103 
								Jahren.
alle Rechte vorbehalten: Eugenie Haunhorst 2006