 Nun 
						ist meine alte Marienschule 100 Jahre alt geworden. Ich 
						erinnere mich gut daran, wie schwierig es war, ein 
						Lyzeum in Warendorf zu begründen.
Nun 
						ist meine alte Marienschule 100 Jahre alt geworden. Ich 
						erinnere mich gut daran, wie schwierig es war, ein 
						Lyzeum in Warendorf zu begründen. Mein Vater war schon 1908 dem Schulverein beigetreten, 
						um seiner kleinen Tochter eine höhere Schulbildung zu 
						ermöglichen.
 
						Mein Vater war schon 1908 dem Schulverein beigetreten, 
						um seiner kleinen Tochter eine höhere Schulbildung zu 
						ermöglichen. 
						Vater musste 100 Mark Schulgeld pro Jahr bezahlen. Dazu 
						kamen die Kosten für die Bücher. Wir kauften gebrauchte 
						Bücher von Schülerinnen in der Klasse über uns und 
						verkauften sie am Ende des Schuljahres wieder. Das 
						sparte Geld, und wir lernten, unsere Bücher sehr 
						ordentlich zu halten.
					Clementine empfand es als eine Auszeichnung, zum Lyzeum 
					gehen zu dürfen. 
			 Die 
					Direktorin Frl. Bertha Schlothmann leitete die Schule mit 
					unnachgiebiger Strenge und eisernen Prinzipien. Sie war 
					Clementines Klassenlehrerin. Die Mädchen mussten ihre 
					strikten Verhaltensregeln genau befolgen. Es war 
					beispielsweise verboten, Söckchen zu tragen! Andererseits 
					war Frl. Schlothmann sehr gütig. Ihr heiligmäßiger 
					Lebenswandel sollte den Mädchen ein Vorbild sein, wurde aber 
					von vielen Schülerinnen als „hyperkatholisch“ empfunden. 
					1923 entschloss sie sich, Nonne zu werden und verabschiedete 
					sich von Clementines Klasse, ihre Obertertia, mit viel 
					Wehmut und guten Wünschen. Als Franziskanerin widmete sie 
					ihr weiteres Leben der Mission in China, wo sie 1948 starb.
Die 
					Direktorin Frl. Bertha Schlothmann leitete die Schule mit 
					unnachgiebiger Strenge und eisernen Prinzipien. Sie war 
					Clementines Klassenlehrerin. Die Mädchen mussten ihre 
					strikten Verhaltensregeln genau befolgen. Es war 
					beispielsweise verboten, Söckchen zu tragen! Andererseits 
					war Frl. Schlothmann sehr gütig. Ihr heiligmäßiger 
					Lebenswandel sollte den Mädchen ein Vorbild sein, wurde aber 
					von vielen Schülerinnen als „hyperkatholisch“ empfunden. 
					1923 entschloss sie sich, Nonne zu werden und verabschiedete 
					sich von Clementines Klasse, ihre Obertertia, mit viel 
					Wehmut und guten Wünschen. Als Franziskanerin widmete sie 
					ihr weiteres Leben der Mission in China, wo sie 1948 starb.
					
1923 musste Clementine mit der abgeschlossenen Obertertia ihre Schulzeit an der Marienschule beenden. Mädchen konnten damals die Mittlere Reife noch nicht in Warendorf ablegen. Unsere Eltern hatten nun vier Töchter. Deshalb setzte sich unser Vater sehr dafür ein, dass sich die Marienschule weiter entwickelte.1924 wurde endlich die 10. Klasse eingerichtet. Clems hatte das freie Jahr sinnvoll genutzt durch den Besuch der Höheren Handelsschule in Münster und ging nun zurück in die neue 10. Klasse ihres alten Lyzeums. Die Abschlussprüfungen für die Mittlere Reife fanden allerdings noch in Münster an der Annette-Schule statt. Ostern 1924 stellten sich 11 Mädchen aus Warendorf der Prüfungskommission, vier fielen leider durch. Clementine war stolze Jahrgangsbeste.
			
			 Als 
			ich 1923 in die Marienschule aufgenommen wurde, war dieser Umbruch 
			zum Lyzeum mit akademisch ausgebildeten Lehrern in vollem Gange, die 
			Stadt übernahm die Höhere Töchterschule, dern aus Warendorf der 
			Prüfungskommission, vier fielen leider durch. Clementine war stolze 
			Jahrgangsbeste. Schulverein wurde aufgelöst.
Als 
			ich 1923 in die Marienschule aufgenommen wurde, war dieser Umbruch 
			zum Lyzeum mit akademisch ausgebildeten Lehrern in vollem Gange, die 
			Stadt übernahm die Höhere Töchterschule, dern aus Warendorf der 
			Prüfungskommission, vier fielen leider durch. Clementine war stolze 
			Jahrgangsbeste. Schulverein wurde aufgelöst.
			Die fortschreitende Inflation hatte den Schulverein zu diesem 
			Schritt gezwungen.
			1923 betrug das jährliche Schulgeld 50 000 Mark.
			Ich merkte davon nicht viel, ich war glücklich, Marienschülerin zu 
			sein. Wir begannen noch mit der 7. Klasse, der Septima. Das war ein 
			Vorbereitungsjahr, dass den Start erleichtern und alle Mädchen auf 
			das gleiche Leistungsniveau bringen sollte. Wie stolz war ich, als 
			ich endlich die Schülermütze tragen durfte, um die ich  
			Clementine so beneidet hatte. Wir setzten die Mützen schräg auf den 
			Kopf, über ein Ohr gezogen und machten noch einen kessen Kniff 
			hinein. Eine höhere Tochter zu sein war damals noch etwas 
			Besonderes.
Meine 
			Klassenlehrerin war Frl. Anna Blum. Leider verließ sie 1926 die 
			Schule. Auch sie ging ins Kloster und widmete ihr Leben der Mission 
			in China. Sie verabschiedete sich sehr herzlich von ihrer Klasse. 
			Auf einem großen Tablett brachte sie für jedes Mädchen eine kleine 
			Kostbarkeit aus ihrem Hausstand mit, die sie feierlich jeder 
			Schülerin überreichte. Ein beeindruckendes Erlebnis. Dieses Geschenk 
			habe ich hoch in Ehren gehalten. 
			Frl. Heukmann wurde meine neue Klassenlehrerin. Seit 1911 war sie 
			als Oberschullehrerin an der Marienschule, die letzte 
			Nichtakademikerin. Sie achtete sehr penibel darauf, dass jede 
			Schülerin zwei mal in der Woche morgens pünktlich um 7.15 Uhr zur 
			Schulmesse in der Alten Kirche erschien. Im Winter fand ich es sehr 
			gruselig, morgens so früh durch die dunklen Straßen zu gehen, denn 
			die Beleuchtung war sehr sparsam. Einige Kaufleute fegten schon die 
			Straße, ansonsten war die Stadt wie ausgestorben und stockdunkel. 
			Wie froh war ich, als 1925 meine Schwester Maria zur Marienschule 
			kam. Jetzt konnten wir gemeinsam gehen. Nach der Schulmesse gingen 
			alle Schülerinnen zusammen zur Schule, schön zwei und zwei in 
			geordneten Reihen.
Frl. 
			Heukmann wohnte in der Kolpingstraße und ich durfte ihr mittags die 
			Tasche nach Hause tragen – das war eine große Ehre. 
			 Unsere 
			Französischlehrerin Frl. Schütt war Repräsentantin einer neuen 
			Lehrergeneration. Sie war eine moderne und weltoffene Pädagogin und 
			bei den Schülerinnen sehr beliebt. Sie hatte sogar in Frankreich 
			studiert, das beeindruckte uns sehr.
Unsere 
			Französischlehrerin Frl. Schütt war Repräsentantin einer neuen 
			Lehrergeneration. Sie war eine moderne und weltoffene Pädagogin und 
			bei den Schülerinnen sehr beliebt. Sie hatte sogar in Frankreich 
			studiert, das beeindruckte uns sehr.
			Unsere flotte Turnlehrerein Frl. Haurand  war technische 
			Lehrerin mit einer Ausbildung zur „Lehrerin der vorbeugenden und 
			ausgleichenden Leibesübungen“. Sie übte Volkstänze mit uns ein, 
			unternahm Ausflüge und brachte uns die neuesten Lieder bei. Das 
			machte uns sehr viel Spaß. Eine tolle Lehrerin.
			Sportunterricht hatte damals für Mädchen noch keinen hohen 
			Stellenwert. Unser Schulgebäude an der Lilienstraße besaß keine 
			eigene Turnhalle. Zum Turnunterricht gingen wir zur Kurzen 
			Kesselstraße in die Turnhalle des Laurentianums. Die Pennäler lagen 
			dann in den Fenstern und begrüßten uns mit Zurufen und Scherzen. 
			Frl. Kampelmann missbilligte das mit strafenden Blicken.
Ostern 1927 
			kam Dr. Maria Moormann als neue Direktorin an die Marienschule. Dr. 
			Moormann war eine elegante, sehr feine Frau. Sie hatte Deutsch, 
			Französisch und Geschichte studiert und war für einen längeren 
			Studienaufenthalt in Paris gewesen. Wir waren begeistert von dieser 
			weltoffenen Direktorin. Dank ihrer Feierfreudigkeit wurde nun an der 
			Marienschule jedes Jahr Karneval gefeiert, wir Schülerinnen durften 
			uns verkleiden und führten mit viel Freude kleine Theaterstücke auf. 
			Dr. Moormann gelang es 1928, dass die Marienschule eine öffentliche 
			höhere Lehranstalt wurde. 
			
			 Eine 
			große Veränderung trat 1929 ein: Ostern, zu Schuljahrsbeginn,  
			zog die Marienschule  in das Gebäude des Gymnasiums an der 
			Kurzen Kesselstrasse. Die Stadt hatte das Schulgebäude gekauft, 
			nachdem das Laurentianum in das leer stehende Lehrerseminar an der 
			Freckenhorster Straße gezogen war. Umfangreiche 
			Modernisierungsmaßnahmen hatten dem alten Gymnasialbau elektrisches 
			Licht und eine Dampfheizung beschert. Alle Räume waren in hellen 
			Farben gestrichen worden. Zwischen Zeichensaal und Handarbeitsraum 
			war eine Falttür eingebaut worden, so entstand ein Festsaal für 
			Schulfeiern. Die größte Errungenschaft aber war die eigene 
			Turnhalle, die von uns Schülerinnen mit Freuden mit Beschlag belegt 
			wurde.
Eine 
			große Veränderung trat 1929 ein: Ostern, zu Schuljahrsbeginn,  
			zog die Marienschule  in das Gebäude des Gymnasiums an der 
			Kurzen Kesselstrasse. Die Stadt hatte das Schulgebäude gekauft, 
			nachdem das Laurentianum in das leer stehende Lehrerseminar an der 
			Freckenhorster Straße gezogen war. Umfangreiche 
			Modernisierungsmaßnahmen hatten dem alten Gymnasialbau elektrisches 
			Licht und eine Dampfheizung beschert. Alle Räume waren in hellen 
			Farben gestrichen worden. Zwischen Zeichensaal und Handarbeitsraum 
			war eine Falttür eingebaut worden, so entstand ein Festsaal für 
			Schulfeiern. Die größte Errungenschaft aber war die eigene 
			Turnhalle, die von uns Schülerinnen mit Freuden mit Beschlag belegt 
			wurde.
			Unser Hausmeisterehepaar Schäfer zog mit uns. Sie wohnten nun unten 
			links in der Schule. Frau Schäfer war schon seit der Zeit der 
			Schulvorsteherin Schlothmann als Hausmeisterin angestellt, ihr Mann 
			half ihr. Sie putzte die Schule, schellte zu Beginn und Ende der 
			Unterrichtsstunden, öffnete und schloss das Törchen zur Promenade 
			und versorgte die Heizung. Das einzige Telefon der Schule stand in 
			Frau Schäfers Küche. In der Großen Pause wärmte sie den Schulkakao 
			und die Milch auf ihrem Herd in der Küche und trocknete so manche 
			Schülerinnenträne mit den Worten: „Komm, trink mal erst nen 
			Schlückchen!“ 
Mit 
					meiner Schwester Maria zusammen ging ich freudestrahlend in 
					meine neue Schule. Wie schade, es war mein letztes 
					Schuljahr. Ostern 1930 machte ich meine Mittlere Reife, das 
					erste Einjährige im neuen Marienschulgebäude. Zum ersten Mal 
					wurden die Prüfungen ohne fremde Aufsicht aus Münster 
					durchgeführt. Die Marienschule hatte nun genügend 
					qualifizierte Lehrerinnen, um eine eigene Prüfungskommission 
					zu stellen. 
 			
			 1930 
					dann kam Hildegard, unser Nesthäkchen, zur Marienschule. 
					Nach den Pionierjahren war jetzt alles gut organisiert und 
					der Lernstandard war recht hoch. Mit Theresia Kampelmann, 
					der späteren Direktorin der Marienschule, bekam Hildegard 
					eine ausgezeichnete, sehr zielstrebige und unnachgiebig 
					strenge Klassenlehrerin, die hohe Leistungen in Deutsch und 
					Französisch verlangte. Hildegard wollte gern das Abitur 
					machen, aber das war leider an der Marienschule noch nicht 
					möglich. Das Lyzeum bot auch noch keinen Lateinunterricht 
					an, der war den Jungen des Laurentianums vorbehalten, denn 
					das Latein lernen setzt logisches Denken voraus und kann man 
					das von einem Mädchen erwarten? Nach dem Einjährigen fuhr 
					Hildegard täglich nach Münster, um 1939 am 
					Freiherr-vom-Stein-Gymnasium das Abitur zu machen.
1930 
					dann kam Hildegard, unser Nesthäkchen, zur Marienschule. 
					Nach den Pionierjahren war jetzt alles gut organisiert und 
					der Lernstandard war recht hoch. Mit Theresia Kampelmann, 
					der späteren Direktorin der Marienschule, bekam Hildegard 
					eine ausgezeichnete, sehr zielstrebige und unnachgiebig 
					strenge Klassenlehrerin, die hohe Leistungen in Deutsch und 
					Französisch verlangte. Hildegard wollte gern das Abitur 
					machen, aber das war leider an der Marienschule noch nicht 
					möglich. Das Lyzeum bot auch noch keinen Lateinunterricht 
					an, der war den Jungen des Laurentianums vorbehalten, denn 
					das Latein lernen setzt logisches Denken voraus und kann man 
					das von einem Mädchen erwarten? Nach dem Einjährigen fuhr 
					Hildegard täglich nach Münster, um 1939 am 
					Freiherr-vom-Stein-Gymnasium das Abitur zu machen. 
					1930 dann kam Hildegard, unser Nesthäkchen, zur 
					Marienschule. Nach den Pionierjahren war jetzt alles gut 
					organisiert und der Lernstandard war recht hoch. Mit 
					Theresia Kampelmann, der späteren Direktorin der 
					Marienschule, bekam Hildegard eine ausgezeichnete, sehr 
					zielstrebige und unnachgiebig strenge Klassenlehrerin, die 
					hohe Leistungen in Deutsch und Französisch verlangte. 
					Hildegard wollte gern das Abitur machen, aber das war leider 
					an der Marienschule noch nicht möglich. Das Lyzeum bot auch 
					noch keinen Lateinunterricht an, der war den Jungen des 
					Laurentianums vorbehalten, denn das Latein lernen setzt 
					logisches Denken voraus und kann man das von einem Mädchen 
					erwarten? Nach dem Einjährigen fuhr Hildegard täglich nach 
					Münster, um 1939 am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium das Abitur 
					zu machen. 
					  1941 legten die ersten Mädchen an der Marienschule ihr 
					Abitur ab. Ein großer Schritt für die gymnasiale 
					Mädchenbildung war getan. Jetzt konnten auch die Mädchen 
					ihre gesamte Schulzeit in Warendorf verbringen. 
					
 
					
						Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke wurde 
						1912 in Warendorf geboren und wuchs in einer 
						Lehrerfamilie mit vier Geschwistern auf. Im Alter von 90 
						Jahren begann sie, Erinnerungen aus ihrem Leben im 
						Warendorf der 1920er Jahre aufzuschreiben. Sie starb 
						2016 im Alter von 103 Jahren.
					Bilder: Archiv des Mariengymnasiums, Archiv Altstadtfreunde 
					und Privatbesitz
					Alle Rechte vorbehalten Eugenie Haunhorst (c) 2007