„Der
liebe Gott tut nix als Fügen!“, den Eindruck hatte ich, als ich auf dem
„Stein-Friedhof“ unseres städtischen Friedhofs einen Grabstein mit der
Aufschrift „Otto Freund“ sah. Das wird doch nicht unser ehemaliger
Bürgermeister sein? Doch, er war es. Durch schnelle Kooperation unserer
Friedhofsmitarbeiter konnte der Grabstein in Sicherheit gebracht werden
und findet hoffentlich bald einen guten Platz in einem „Platz der
Erinnerung“, denn Otto Freund sollte in Erinnerung bleiben.
Um seine Bedeutung zu verstehen, müssen wir uns die
turbulenten Jahre nach dem 2. Weltkrieg vor Auge führen. Am 8. Mai 1945
brach mit der bedingungslosen Kapitulation das „Dritte Reich“ zusammen,
die Herrschaft des Nationalsozialismus war auch in Warendorf beendet.
Die Befehlsgewalt lag nun bei den Siegermächten. Wir gehörten zur
britischen Besatzungszone. Obwohl Warendorf von Bombenschäden verschont
geblieben war, hatte der Krieg viel Leid über die Bevölkerung gebracht.
500 Bürger hatten ihr Leben verloren und genauso viele wurden noch
vermisst. Es herrschte Mangel an Nahrungsmitteln, an Kleidung, an Möbeln
und an Wohnraum, der mit den Flüchtlingen und Evakuierten geteilt werden
musste. Auch für die Besatzungsmacht mussten viele Häuser geräumt
werden.
Nun sollte die politische Verantwortung wieder auf
die deutschen Bürger übertragen werden. Dabei überprüfte die
Militärregierung - das waren zuerst die Amerikaner, dann die Kanadier
und Engländer - die politische Vergangenheit aller Bürger, die ein
öffentliches Amt anstrebten. Diese Entnazifizierung wurde im ganzen Land
durchgeführt.
Direkt nach Kriegsende, am 3. April 1945, ernannte
die Besatzungsmacht Oberstudienrat Heinrich Blum zum Bürgermeister, an
Blums Integrität gab es keinen Zweifel. Er sprach gut Englisch, denn er
war Englischlehrer. Das war sehr hilfreich im Umgang mit den Alliierten.
Heinrich Blum wollte aber auf keinen Fall Bürgermeister bleiben. Darum
ernannte der amerikanische Ortskommandant am 5. April den Rechtsanwalt
Aloys Zurbonsen zum Warendorfer Bürgermeister. Er konnte das Amt aber
auch nicht behalten, da er zum Landrat des Kreises Warendorf bestimmt
wurde. Nun wurde der Sassenberger Amtsbürgermeister Heinrich Temme zum
neuen Bürgermeister in Warendorf berufen. Am 1. Februar 1946 erreichte
dieser aber das Pensionsalter und der Ortskommandant übertrug die
Amtsgeschäfte dem Warendorfer Stadtrentmeister Theodor Lepper, der sich
ja schon in den letzten Kriegstagen in diesem Amt als sehr umsichtig
erwiesen hatte.
Am 29. April 1946 wurde dann das
Beiratsmitglied Otto Freund zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt. Er
übernahm auch die Geschäfte des noch zu wählenden Stadtdirektors.
Otto Freund lag die Verschönerung seiner
Heimatstadt sehr am Herzen. Darum setzte er in seiner ersten Ratssitzung
den Tagesordnungspunkt: „Neugründung des Heimatvereins“ auf die
Tagesordnung. Durch diesen Beschluss konnte im September 1947 der
„Ortsheimatverein Warendorf“ neu gegründet werden. Erster Vorsitzender
wurde Bürgermeister Otto Freund selbst. Sein Ziel war es, eine
Ortssatzung zur Pflege des Stadtbildes und zum Schutz gegen
Verunstaltungen in der Stadt Warendorf zu schaffen.
Am 1. August 1946 wurde dann Dr. Paul Menne zum
Stadtdirektor gewählt. Nun endlich kehrt Ruhe und Kontinuität in der
Führungsspitze der Stadt ein, so dachten die Warendorfer. Aber weit
gefehlt, im Januar 1947 wurde Stadtdirektor Dr. Menne beurlaubt und Otto
Freund übernahm erneut seine Amtsgeschäfte, bis am 1. Juli 1947 der
neue, aus Berlin kommende Stadtdirektor Dr. Alfred Schmitz in das Amt
eingeführt werden konnte.
Trotz all dieser Schwierigkeiten wurden schwierige
Aufgaben schnell und unbürokratisch gelöst, z.B. das Flüchtlingsproblem.
48500 Flüchtlinge und Vertriebenen kamen in den ersten Nachkriegsjahren
nach Warendorf, wurden im Landgestüt für 2-3 Tage untergebracht und
verpflegt. Dann wurden sie auf den gesamten Kreis verteilt.
Im Oktober 1948 fanden die ersten demokratischen
Wahlen statt und es galt als sicher, dass Otto Freund zum Bürgermeister
gewählt werden würde, denn er stand bei der gerade gegründeten CDU auf
Platz 1 der Reserveliste. Die Christdemokraten gewannen wider alle
Erwartungen bei dieser Ratswahl alle Direktmandate, die Reserveliste zog
nicht und Otto Freund konnte nicht in den Rat einziehen und somit auch
nicht zum Bürgermeister gewählt werden.
Aus den Reihen der Ratsmitglieder wurde
nun Josef Heinermann zum Bürgermeister gewählt. Otto Freund aber blieb
unermüdlich für seine Heimatstadt tätig.
Bürgermeister
Stadtdirektoren
Otto Freund
1946 – 1948
Dr. Paul Menne
1946 – 1947
Josef Heinermann
1948 – 1956
Dr. Alfred Schmitz
1947 – 1949
Quellen:
Heinrich Windelen: Neubeginn und Entwicklung des
politischen Lebens 1945-1975 in Warendorf in: Geschichte der Stadt
Warendorf Band II 2000
Bürgermeister Heinrich Temme: „Warendorf in der
Zeit von 1890-1950“ in „750 Jahre Warendorf – Stadt an der Ems“
Zeitungsbericht von Dieter Müller: „Die schöne
Madonna der alten Zisterzienser-Abtei Marienfeld“
Heinrich Blum, von allen "Mister Blum" genannt
Franz Joseph
Zumloh, der Begründer des Josephshospitals
Maria Anna
Katzenberger und Heinrich Ostermann
Hermann Josef
Brinkhaus,
Gründer der Firma Brinkhaus
Eduard
Wiemann und die Villa Sophia
Anna
Franziska Lüninghaus, Gründerin der Marienstiftung
Wilhelm
Zuhorn, Geheimer Justizrat und Geschichtsforscher
Bernard
Overberg, der Lehrer der Lehrer
Arthur
Rosenstengel, Seminarlehrer, Musikerzieher und Komponist
Pauline
Hentze, Begründerin der Höheren Töchterschule
Franz
Strumann, Pastor und Förderer der höheren Mädchenbildung
Dr. Maria
Moormann, die mutige Direktorin der Marienschule
Josef Pelster,
der Schulrat und Naturfreund
Wilhelm
Diederich, Bürgermeister von 1869-1904
Hugo
Ewringmann, Bürgermeister von 1904-1924
Theodor
Lepper, Stadtrendant und Retter in den letzten Kriegstagen
Clara Schmidt,
Kämpferin für die Frauenliste im Stadtparlament
Elisabeth
Schwerbrock, eine hochengagierte Stadtverordnete,
Eugenie
Haunhorst, die Kämpferin für ihre Heimatstadt
Paul Spiegel,
Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland
Paul
Schallück, der vergessene Nachkriegsschriftsteller
Heinrich
Friedrichs, ein Warendorfer Künstler
Theo
Sparenberg, Kinokönig und Tanz- und Anstandslehrer
Wilhelm
Veltman, Retter der historischen Altstadt
Rainer. A. Krewerth, ein schreibender Heimatfreund
Prof. Dr. Alfons
Egen
ein begnadeter Lehrer und Heimatfreund
Änneken Kuntze und ihre Schwester Lilli
Elisabeth Schwerbrock, Stadtverordnete in Warendorf
Anni Cohen und ihre Familie - von Warendorf nach Südafrika und Palästina
Eduard Elsberg erbaute das erste große Kaufhaus in Warendorf