Eduard Elsberg erbaute das erste große Kaufhaus in Warendorf
von Mechtild Wolff (23. 6. 2023)

 
1930 Textilkaufhaus Eduard Elsberg Münsterstraße 1

 

Helene Cohen
Eduard Elsberg eröffnete 1928 das erste große Kaufhaus in dem kleinen Landstädtchen Warendorf. Viele Häuser wurden abgerissen, um dieses Manufakturwarenhaus im Stil der Berliner Kaufhäuser errichten zu können. Die Warendorfer kauften gern im Kaufhaus Elsberg, denn dort gab es die schicke Berliner Mode und eine großes Angebot an„Manufakturen, Konfektion, Bettwaren, Gardinen und Teppichen“. Auch meine Großmutter Eugenie Göcke liebte die reiche Auswahl im Kaufhaus Elsberg. Kurz nachEröffnung des Kaufhauses erstand sie dort ihr erstes Paar graue Strümpfe, das war die neueste Mode. Bislang hatten die Frauen hier auf dem Lande nur schwarze oder brauneStrümpfe getragen. „Bei Elsberg“ durften sich auch die Töchter schon frühzeitig ihre Aussteuer aussuchen, denn Mutter Eugenie hatte das Gefühl, dass eine Verknappungkommen würde. Wie Recht sie hatte!

Im Kaufhaus Elsberg wurden die Kunden immer gut beraten und zuvorkommend bedient, denn die rechte Hand des Junggesellen Eduard Elsberg war seine liebenswürdige Schwester Helene Cohen.

Eduard Elsberg (1875-1942) war der Sohn des jüdischen Kaufmanns Leeser Elsberg, der schon seit 1873 an der Freckenhorster Straße 22 ein Textilkaufhaus betrieben hatte. Nach Leesers Tod 1921 führte Eduard Elsberg das Geschäft weiter, bis er 1928 sein großes, modernes Kaufhaus eröffnete. Er wohnte allerdings weiterhin in seinem Elternhaus. Eduard Elsberg war ein in Warendorf sehr geachteter Kaufmann und fühlte sich für seine Mitbürger mitverantwortlich.

   
Münsterstraße 1930  Annonce im Neuen Emsboten, 1933 

 

Er war das reichste Mitglied der Synagogengemeinde und tat nicht nur in seiner jüdischen Gemeinde viel Gutes. Auch bei den katholischen Familien half er, wo er konnte, denn die Armut war groß in diesen Jahren. So spendete er jedes Jahr zum „Weißen Sonntag“ Kommunionkleider für bedürftige Warendorfer Kommunionkinder. Ab 1930 war aber auch das Kaufhaus Elsberg antisemitischer Hetze ausgesetzt. Nicht selten wurden die Werbeanzeigen beschmiert und mit judenfeindlichen Sprüchen versehen. Noch glaubte Elsberg nicht, dass die antisemitischen Hetzkampagnen auch in Warendorf auf fruchtbaren Boden fallen würden. Darum beschwerte er sich bei Bürgermeister Isphording und bat um Ermittlung der Täter, was aber ergebnislos blieb. Bald wurde der Kaufmann Eduard Elsberg einem unausgesprochenen Boykott ausgesetzt. Seine Kunden mussten mit Repressalien rechnen, wenn sie in dem jüdischen Kaufhaus einkauften. Mein Großvater Eduard Göcke wagte es auch nicht mehr, in das Geschäft des Juden Elsberg zu gehen, denn er war Lehrer in Warendorf und stand sowieso schon auf der schwarzen Liste der Partei, weil er der NSDAP nicht beitreten wollte. Aber man wusste sich zu helfen: Seine Frau suchte im Kaufhaus Elsberg die Bekleidung für ihren Mann aus und ein Verkäufer brachte die Auswahl nach Hause, wo sich Lehrer Göcke dann das Passende auswählen konnte. So kam auch er weiterhin in den Genuss der guten Waren aus dem Kaufhaus Elsberg und er konnte unauffällig den Kaufmann Eduard Elsberg unterstützen. Die Kontrollen wurden aber immer schärfer und ab 1933 wurden über das Manufakturwarengeschäft Boykottmaßnahmen verhängt.

Der Geschäftsrückgang wurde so gravierend, dass Eduard Elsberg das Geschäft mit dem Warenlager im Dezember 1936 an die Firma Potthoff & Scholl aus Duisburg-Hamborn für 150.000,00 RM verkaufte und das Gebäude und die Inneneinrichtung für jährlich 25.000,00 RM verpachtete. Am 7. Januar 1937 eröffnete das Kaufhaus Potthoff & Scholl. Die Pachtzahlungen, die eine Umsatzbeteiligung enthielten, waren dem NS-Regime aber ein Dorn im Auge und führten zu umfangreichen Untersuchungen und Schikanen.

Eduard Elsberg verzog am 20.3.1937 zu seiner Schwester Selma nach Berlin Wilmersdorf. Er sagte tief enttäuscht, dass er sich als Jude in dem kleinen Städtchen mit seinen 9000 Einwohnern nicht mehr wohl fühle. Aber auch Berlin war kein sicherer Hort. Eduard Elsberg wurde am 2.4.1942 in das Warschauer Ghetto deportiert und von den NS Schergen ermordet. In den Akten steht „In die deutschen Ostgebiete verzogen“. Der Mieter Potthoff & Scholl wurde davon nicht informiert. Er wunderte sich aber, dass er seine Miete „nicht mehr loswerden konnte“. Erst im Juni 1943 teilte ihm der Landrat mit, dass Elsbergs Vermögen jetzt dem Deutschen Reich gehöre.

Das beeindruckende Kaufhaus gibt es noch heute. Es steht unter Denkmalschutz und prägt die Innenstadt von Warendorf. 1958 konnte die Firma Potthoff & Scholl das Kaufhaus von den Elsberg Erben kaufen und verkaufte es 1969 an die Firma Opitz. Vor 25 Jahren erwarb das Modehaus Ebbers das „Elsberghaus“ und die Familie Berger führt noch heute die Elsbergsche Tradition weiter.

 

Quellen:   

Erzählungen aus der Familie Göcke und der Familie Cohen

Geschichte der Stadt Warendorf Band II S.237

Matthias Brömmelhaus „Nach unbekannt verzogen“

Dr. Ekkehard Gühne: Stammbaum der Familie Elsberg

Informationen über den Kauf von Rudolf Berger

 

Mechtild Wolff 

 

 Persönlichkeiten

Heinrich Blum, von allen "Mister Blum" genannt

Franz Joseph Zumloh, der Begründer des Josephshospitals

Maria Anna Katzenberger und Heinrich Ostermann

Hermann Josef Brinkhaus,
Gründer der Firma Brinkhaus

Eduard Wiemann und die Villa Sophia

Anna Franziska Lüninghaus, Gründerin der Marienstiftung

Wilhelm Zuhorn, Geheimer Justizrat und Geschichtsforscher

Bernard Overberg, der Lehrer der Lehrer

Arthur Rosenstengel, Seminarlehrer, Musikerzieher und Komponist

Pauline Hentze, Begründerin der Höheren Töchterschule

Theresa Kampelmann, die gestrenge Direktorin der Marienschule

Franz Strumann, Pastor und Förderer der höheren Mädchenbildung

Dr. Maria Moormann, die mutige Direktorin der Marienschule

Josef Pelster, der Schulrat und Naturfreund

Wilhelm Diederich, Bürgermeister von 1869-1904

Hugo Ewringmann, Bürgermeister von 1904-1924

Theodor Lepper, Stadtrendant und Retter in den letzten Kriegstagen

Clara Schmidt, Kämpferin für die Frauenliste im Stadtparlament

Elisabeth Schwerbrock, eine hochengagierte Stadtverordnete,

Eugenie Haunhorst, die Kämpferin für ihre Heimatstadt

Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland

Paul Schallück, der vergessene Nachkriegsschriftsteller

Gedenkstunde zum 100 Geburtstag Paul Schallücks am 16. 6. 2022

Heinrich Friedrichs, ein Warendorfer Künstler

Theo Sparenberg, Kinokönig und Tanz- und Anstandslehrer

Wilhelm Veltman, Retter der historischen Altstadt

Rainer. A. Krewerth, ein schreibender Heimatfreund

Josef Heinermann, Bäcker und Bürgermeister

Opa Niehues

Gymnasialdirektor
Prof. Dr. Alfons Egen

Siegfried Schmieder - engagierter Heimatfreund mit großem Fachwissen

Dr. Franz Rohleder -
ein begnadeter Lehrer und Heimatfreund

Dr. Franz Kroos

Otto Freund
Engagierter Bürgermeister in den turbulenten Nachkriegsjahren

Änneken Kuntze und ihre Schwester Lilli

Elisabeth Schwerbrock, Stadtverordnete in Warendorf

Anni Cohen und ihre Familie - von Warendorf nach Südafrika und Palästina

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Kurt Heinermann

 
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