Alfons
Egen wurde 1861 in Kaldenkirchen an der holländischen Grenze geboren,
machte schon mit 17 Jahren sein Abitur im Emmerich und studierte
Deutsch, Griechisch und Latein in Münster und Berlin. Seine
Promotionsarbeit schrieb er in lateinischer Sprache. Schon mit 24 Jahren
bekam er eine Anstellung am altehrwürdigen Gymnasium Paulinum in Münster
(gegr. unter Bischof Liudger 798).
Nachdem Egen 1902 zum Professor ernannt worden war, war es den
Kollegen an seiner Schule eher unverständlich, dass er einen Ruf an das
Gymnasium Laurentianum in dem kleinen Landstädtchen Warendorf annahm.
Deshalb verabschiedete sie ihn mit launigen Versen, die damit endeten:
Morgen eilt der wack´re Degen
Aus der Freistadt Lustgehegen
einem wahren Dorfe zu!
Dieses Dorf Warendorf empfing ihn mit weit offenen Armen.
Das geschichtsträchtige Gymnasium Laurentianum bestand schon seit 1329
und war das einzige Vollgymnasium im ostwestfälischen Raum. Viele
auswärtige Schüler kamen damals in die „Studienstadt“ Warendorf, um hier
eine akademische Ausbildung zu bekommen und die Hochschulreife zu
erlangen.
Dr. Alfons Egen war mit seinen 42 Jahren der jüngste königliche
Gymnasialdirektor in Preußen. Bei seiner Amtseinführung am 1. Oktober
1903 wurde er vom Lehrerkollegium auf Latein begrüßt und antwortete
spontan mit einer griechischen Ansprache.
In seiner Begrüßungsrede an die Schülerschaft machte der neue
Direktor eine Grundsatzfrage des Erziehungswesens zum Thema: Was ist
wichtiger, Unterricht oder Erziehung? Er gab eindeutig der
Erziehung den Vorrang und zwar einer Erziehung zur
Wahrhaftigkeit!! Dieser junge, willensstarke Direktor Dr. Alfons Egen
wollte eine Generation von ehrlichen, gradlinigen Akademikern
heranziehen, die dem humanistischen Gedanken alle Ehre machen sollten.
Damit erwarb sich das Gymnasium Laurentianum weit und breit hohe
Anerkennung und Beachtung.
Seine Liebe galt aber auch der Musik. Er begründete einen
Schülerchor und 1905 kam ein Streichorchester dazu, das sich schnell zu
einem Orchesterverein erweiterte. Direktor Egen führte auch
Reitunterricht für Oberstufenschüler ein, der am Landgestüt abgehalten
wurde. Ein Ausdruck der Elitebildung am Warendorfer Gymnasium.
Diese heile Welt der Wilhelminischen Zeit, in der über 40 Jahre
lang Frieden geherrscht hatte, wurde durch den Ausbruch des Ersten
Weltkriegs am 1. August 1914 jäh beendet. Zehn Oberprimaner und vier
Unterprimaner folgten sofort der Mobilmachung. Vor dem Abmarsch an die
Front setzte Dr. Egen vom 12. bis 14. August 1914 eine Notreifeprüfung
an. Die jungen Soldaten sollten mit dem Abitur in der Tasche in den
Krieg ziehen, um nach dem Sieg ihre akademische Karriere fortsetzen zu
können. So machte er es auch mit den vielen kriegsfreiwilligen Schülern,
die in dem Bewusstsein in den Krieg zogen, zu einem schnellen, gerechten
Sieg beitragen zu müssen. Eine Illusion, wie wir heute wissen!
Immer mehr Todesnachrichten erreichten das Laurentianum. Bald
waren schon fünf Mitglieder des Lehrerkollegiums gefallen und 18
Schüler. Auch um seine eigenen Söhne Alfons und Viktor, die an der Front
kämpften, war Alfons Egen in tiefer Sorge.
Untätig
zusehen zu müssen war für den sensiblen, feinsinnigen Alfons Egen schwer
zu ertragen. Am 5. März 1915, mitten in einer Konferenz, erlitt er einen
Gehirnschlag, dem er noch in seinem Dienstzimmer erlag. Die
erschütternden Kriegserlebnisse werden wesentlich zu diesem frühen Tod
mit nur 54 Jahren beigetragen haben.
Sein Begräbnis war das wohl ehrenvollste für einen Schulleiter,
das Warendorf je erlebt hat, umrahmt von den Trauerliedern des
Schulchors, mit den Fahnen der Schule und seiner Studentenverbindung.
Die Familie wurde begleitet von Lehrern und Schülern, von Vertretern des
Magistrats und den Behörden und von zahllosen Bürgern, die Alfons Egen
für die humanistische Ausbildung ihrer Kinder sehr dankbar waren.
Warendorf hatte einen Freund der Jugend verloren und einen sehr
engagierten Bürger.
Vor zwei Jahren, am 7. März 2015, trafen sich hier am Grab über
60 Nachfahren des königlich preußischen Gymnasialdirektors Dr. Alfons
Egen, Enkel, Ur-Enkel und Ur-Ur-Enkel, um seinen 100. Todestag
zu begehen. Das hätte Alfons Egen sehr gefallen, denn seine Familie mit
den sechs Kindern war für ihn immer eine Kraftquelle. Gern erzählen die
Enkel, dass er sich mit seinen Söhnen in Latein unterhielt und
lateinische Sprüche wie „Ora et labora“ oder „Carpe diem“ noch heute in
Familie gepflegt werden.
Quellen:
WN vom 5.3.2015 Klaus Gruhn: Bedeutend für das westfälische
Schulwesen. Vor 100 Jahren gestorben: Alfons Egen
Ansprache von Dr. Alfons Egen in der Gedenkmesse am 7.3.2015:
Mein Großvater Prof. Dr. Alfons Egen
Gedenken von Pastor Schüller am 7.3.2015: Dr. Alfons Egen
WN vom 9. 3. 2015 „Familientreffen: 60 Nachfahren des
Lateinprofessors besuchen die Emsstadt
Heinrich Blum, von allen "Mister Blum" genannt
Franz Joseph
Zumloh, der Begründer des Josephshospitals
Maria Anna
Katzenberger und Heinrich Ostermann
Hermann Josef
Brinkhaus,
Gründer der Firma Brinkhaus
Eduard
Wiemann und die Villa Sophia
Anna
Franziska Lüninghaus, Gründerin der Marienstiftung
Wilhelm
Zuhorn, Geheimer Justizrat und Geschichtsforscher
Bernard
Overberg, der Lehrer der Lehrer
Arthur
Rosenstengel, Seminarlehrer, Musikerzieher und Komponist
Pauline
Hentze, Begründerin der Höheren Töchterschule
Franz
Strumann, Pastor und Förderer der höheren Mädchenbildung
Dr. Maria
Moormann, die mutige Direktorin der Marienschule
Josef Pelster,
der Schulrat und Naturfreund
Wilhelm
Diederich, Bürgermeister von 1869-1904
Hugo
Ewringmann, Bürgermeister von 1904-1924
Theodor
Lepper, Stadtrendant und Retter in den letzten Kriegstagen
Clara Schmidt,
Kämpferin für die Frauenliste im Stadtparlament
Elisabeth
Schwerbrock, eine hochengagierte Stadtverordnete,
Eugenie
Haunhorst, die Kämpferin für ihre Heimatstadt
Paul Spiegel,
Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland
Paul
Schallück, der vergessene Nachkriegsschriftsteller
Heinrich
Friedrichs, ein Warendorfer Künstler
Theo
Sparenberg, Kinokönig und Tanz- und Anstandslehrer
Wilhelm
Veltman, Retter der historischen Altstadt
Rainer. A. Krewerth, ein schreibender Heimatfreund
Prof. Dr. Alfons
Egen
ein begnadeter Lehrer und Heimatfreund
Änneken Kuntze und ihre Schwester Lilli
Elisabeth Schwerbrock, Stadtverordnete in Warendorf
Anni Cohen und ihre Familie - von Warendorf nach Südafrika und Palästina
Eduard Elsberg erbaute das erste große Kaufhaus in Warendorf