Als
13. Dezember 1329 die Haftentlassung von vier
Bürgern in Warendorf festgestellt wird, trägt
die Urkunde das Siegel des "Symonis de Dudink,
rector scholarum in Warendorpe". Diese Urkunde
ist damit der erste Beleg für die Existenz einer
Lateinschule in Warendorf. Gleichzeitig zeigt
sie die herausgehobene Position dieser Schule
und ihrer Lehrer, wird doch ihr Siegel sogar zur
Beglaubigung außerschulischer Amtshandlungen
benutzt. Geleitet wurde diese Schule durch
Geistliche, die Aufsicht über die Schule lag -
wie zu dieser Zeit üblich – beim Landesherrn,
dem Fürstbischof von Münster.
Diese Lateinschule Warendorfs erteilte bereits
im 15. Jahrhundert qualifizierte Abschlüsse, die
zum Studium an der Universität berechtigten.
Diese Zeit des Wandels vom Mittelalter zur
Neuzeit war geprägt vom Humanismus, der die
schöpferischen Kräfte des Menschen und seine
Persönlichkeit in den Vordergrund stellt. Ebenso
wie das Paulinum in Münster wurde auch das
Schulleben am (späteren) Laurentianum von dieser
Geisteshaltung geprägt.
Mit Beginn des 16. Jahrhunderts kam es in Europa
zur Konfessionsspaltung, die auch an
Warendorf und seiner Lateinschule nicht spurlos
vorüberging. Mit dem Augsburger Religionsfrieden
(cuius regio, eius religio) konnte der Bischof
von Münster zwar verfügen, dass die Untertanen
seines Herrschaftsbereiches katholisch zu sein
hätten. Die Warendorfer aber, die überwiegend
reformatorisch gesinnt waren, zeigten sich in
dieser Hinsicht relativ hartleibig. So setzte
der Rat der Stadt im Jahre 1588 einen
überzeugten Kalvinisten als Schulleiter ein, der
erst durch Exkommunikation durch den Bischof von
Münster seines Amtes enthoben werden konnte. Er
hatte den Heidelberger Katechismus als Lehrbuch
benutzt. Damit waren diese Streitigkeiten
keineswegs beendet, vielmehr setzte der Rat der
Stadt als nächsten Schulleiter erneut einen
Kalvinisten ein. Was heute wie ein Possenspiel
erscheint, war zur damaligen Zeit ein Spiegel
der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Schon
im Jahre 1594 hatte das Laurentianum ein
Schulprogramm
Das, was heute teilweise als neue
pädagogische Errungenschaft von
Bildungspolitikern hervorgehoben wird, hatte das
Laurentianum bereits gegen Ende des 16..
Jahrhunderts: Rektor Betulius legte in seinem
Schulprogramm von 1594 wesentliche Momente der
Struktur der Schule und der Lehrinhalte fest.
Sie waren geprägt von den Zielen und Idealen des
Humanismus und getragen von Bürgerschaft und
Rat. Gleichwohl spielte auch hier wieder der
Religionsstreit hinein, da sich Betulius
weigerte, dem Lektüreplan des Münsterschen
Domkapitels zu folgen und stattdessen Logik und
Rhetorik nach reformatorischen Prinzipien
unterrichtete. Letztendlich mußte er aufgrund
der Vereinbarungen des Augsburger
Religionsfriedens auf Druck des Fürstbischofs
von Münster vom Rat der Stadt entlassen werden.
Die folgende Zeit der Auseinandersetzungen des
dreißigjährigen Krieges führt in Warendorf zu
einer weitgehenden Rekonstitution des
Katholizismus und damit auch zu einer Beendigung
des kalvinistisch-reformatorischen Einflusses am
Laurentianum.
1675
Die städtische Lateinschule wird zum
Laurentianum
Im Jahre 1675 wird die Lateinschule Warendorfs
nicht zuletzt aus finanziellen Gründen in die
Hände der Franziskaner gegebenen, die sie
entsprechend dem Patrozinium der
Laurentiuskirche "Gymnasium Laurentianum"
nennen. Der Fürstbischof Christoph Bernhard von
Galen hatte nämlich 1655 eine Reform des
Schulwesens eingeleitet, auf deren Grundlage die
Franziskaner die ehemalige städtische Schule
schrittweise in ein Ordensgymnasium umwandelten.
Obwohl das Schulleben nun aufblühte, setzte das
Domkapitel in Münster schon im Jahre 1683
während eines Vakanz des Münsterschen
Bischofsitzes
durch, dass das Laurentianum wieder zur
städtischen Schule mit entsprechend
eingeschränktem Bildungskanon wurde. Die hohen
Domherren waren nämlich verärgert, weil der
Fürstbischof sie bei der Einrichtung der Schule
als Gymnasium nicht oder nicht hinreichend
konsultiert hatte. Im weiteren Verlauf
übernahmen erst im Jahre 1754 erneut die
Franziskaner - jetzt bis zum Ende des 18.
Jahrhunderts - die Leitung des Gymnasiums.
Aber mit der französischen Revolution, der
Machtergreifung Napoeleons, den französischen
Eroberungskriegen und dem Frieden von
Luneville1801 kam es zur Säkularisation und
damit zum Niedergang des franziskanischen
Gymnasiums.
1820
Joh. C. Schnösenberg rettet das Laurentianum als
höhere Bürgerschule
Joh. C. Schnösenberg, selbst Absolvent des
Laurentianum, der 1813 mit 27 Jahren
Bürgermeister geworden war, sah eine besondere
Aufgabe darin, das Laurentianum
wiederherzustellen. Das gelang ihm im Jahre
1820, indem er es als "Höhere
Bürgerschule" im "Neuhumanistischen Geist"
institutionalisierte.
Dieser Schule wurde, obwohl nur noch mit dem
Status des Progymnasiums, für Warendorf eine
besondere Bedeutung zugemessen, was sich nicht
zuletzt darin äußerte, dass sie 1830 in dem
eigens für sie errichteten klassizistischen
Neubau (heute Stadtbücherei) an der langen
Kesselstraße untergebracht wurde. Entsprechend
stark war auch das Bestreben in Warendorf, für
das Laurentianum wieder den Status eines
Gymnasiums zu erlangen. Dieses gelang 1856 durch
die Bemühungen des Schulleiters Dr. Hermann
Lucas: Das Laurentianum wurde "Königlich
preußischen Gymnasium".
Das königlich preußische Gymnasium
Als königlich preußisches Gymnasium gelangte das
Laurentianum von der Mitte des 19. Jahrhunderts
bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts
überregionale Bedeutung, so waren beispielsweise
im Jahre 1901 von den 241 Schülern nur 81 aus
Warendorf. Der Unterricht war
geprägt
von humanistischen Idealen und den
klassischen Sprachen: Latein, Griechisch und
Hebräisch sowie Französisch und Englisch.
Naturwissenschaftliche Fächer standen im
Unterrichtskanon deutlich im Hintergrund.
Das Laurentianum in der Weimarer Republik und
der Zeit des Nationalsozialismus
Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Laurentianum
zu einem Staatlichen Gymnasium mit 9
Jahren Regelschulzeit und den Sprachen Latein,
Französisch, Griechisch und Englisch.
Gleichzeitig wurde es zu einer "Doppelanstalt",
indem es sogenannte "Aufbauklassen" führte,
deren politisches Ziel es war,
zu einer
Förderung des Bildungsniveaus im ländlichen Raum
beizutragen. Diese führten ab der Klasse 9
(Obertertia) in 6 Jahren zum Abitur.
Die Zeit von 1933 bis 1945 war dann geprägt
durch den Nationalsozialismus und die
Schrecken des 2. Weltkriegs, der auch
bei den Warendorfer Schulen und
Schülern tiefe Spuren hinterließ. Das
Laurentianum wurde „Deutsche Oberschule“ und
verlor 1943 sogar durch Umbenennung in „Brun
Warendorp“ seinen auf christliche Traditionen
verweisenden Namen.
Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg
Die Jahre des Neuanfangs von 1946 bis etwa 1968,
der Aufbauphase der jungen Bundesrepublik
Deutschland, waren geprägt von einer
erneuten Hinwendung zu den Zielen des
altsprachlichen Gymnasiums, die im Humanismus
die Wurzeln der europäischen Kultur sah. Nach
1972 kam es dann zur Oberstufenreform und damit
zur Enttypisierung des althergebrachten
Gymnasiums, in dem die Schüler jetzt ihren
Schwerpunkt durch Wahl der Leistungs- und
Grundkurse selbst setzen konnten. Und
schließlich setzte die sogenannte "Pisastudie",
die erhebliche Defizite im deutschen
Bildungssystem
offenbarte, das deutsche Schulsystem Anfang des
21. Jahrhundert erneut unter erheblichen
Reformdruck. Auch das Laurentianum, heute eine
Schule mit 800 bis 1000 Schülern aus Warendorf
und Umgebung, blieb von den damit verbundenen
Veränderungen nicht verschont. Der Umfang der
jetzt angegangenen Reformen ist groß, ihre
Zielsetzung nicht immer eindeutig. Wie schon
gesagt, Schule ist auch immer ein Spiegel der
gesellschaftlichen Verhältnisse.
Quelle:
Klaus
Gruhn: "Von der Städtischen Lateinschule 1329
zum modernen Lau"
Geschichte des Gymnasium Laurentianum Warendorf
Burlage
Druck + Einband, Warendorf, 2007
Bilder: Archiv
Gruhn und Laurentianum (c) 2007
Das Laurentianum
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Das Glockenspiel vom Münstertor
außerdem im Warendorfer Lexikon:
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